Die kleine Stadt Abu Simbel, mit ihren knapp 5.500 Einwohnern, liegt am südlichen Ende des Nassersees, ca. 20 Kilometer von der Grenze zum Sudan entfernt. Der Name steht wie nur wenig andere für das Alte Ägypten, denn zwei der schönsten Felsentempel wurden hier vom mächtigsten Pharao der Geschichte erbaut: Der Große Tempel, geweiht der Göttertriade Amun-Re, Re-Harachte und Ptah, aber eigentlich zum ewigen Ruhm des großen Ramses II. errichtet, sowie der zweite Tempel, geweiht der Göttin Hathor, errichtet vom Pharao für seine Gattin Nefertari. Die Nähe der Tempel zueinander versinnbildlicht die Liebe dieses Traumpaares der Antike.
Zweimal im Jahr werden im Allerheiligsten des Haupttempels die Statuen des Amun-Re, Ramses II. und des Sonnengottes Re-Harachte von der aufgehenden Sonne angestrahlt, während der Totengott Ptah im Schatten bleibt. Dieses als „Sonnenwunder von Abu Simbel“ bekannte Phänomen fiel während der Herrschaft Ramses II. stets auf den 21. Februar und auf den 21. Oktober, dem vierten Monat der pharaonischen Jahreszeiten Peret und Achet. Die abweichende Länge eines mittleren Sonnenjahres gegenüber dem Kalenderjahr ist dafür verantwortlich, dass sich der Azimut des Sonnenstands jedes Jahr etwas verschiebt. Zusätzlich nimmt der alle vier Jahre eingelegte Schalttag Einfluss auf das Datum des „Sonnenwunders“. Es ergibt sich dadurch eine Schwankungsbreite von einem Tag in beide Richtungen. Beide Termine sind alljährlich bei Besuchern außerordentlich beliebt.
Eine bemerkenswerte konzertierte Aktion verbirgt sich hinter der Rettung der beiden Tempel vor dem Untergang in den Fluten des Nasser-Stausees: 1964 bis 1968 finanzierte und leitete die UNESCO die Demontage der Tempel. Sie wurden an einem höheren Punkt wiederaufgebaut, und zwar genau mit den gleichen Kardinalpunkten, sodass das Phänomen des „Sonnenwunders“ erhalten blieb.
Die Tempelanlage von Abu Simbel kann von Assuan aus besichtigt werden. Der Landtransfer dauert pro Strecke ca. dreieinhalb Stunden, während es mit dem Flieger nur ca. 45 Minuten sind (der Flughafen in Abu Simbel befindet sich nur einen Steinwurf von der Tempelanlage entfernt). Am schönsten ist die Besichtigung im Rahmen einer Nassersee-Kreuzfahrt.